Verwaltungsgericht Wiesbaden

Annahme eines Interessenkonflikts

Ausschlüsse von Sitzungen des Ortsbeirats und der Stadtverordnetenversammlung zum Ostfeld sind rechtmäßig.

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Nr. 06/2023

Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat mit Urteilen vom 18.04.2023 entschieden, dass die Ausschlüsse des Klägers von zwei Ortsbeiratssitzungen und einer Sitzung der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Wiesbaden in Bezug auf einzelne Tagesordnungspunkte zum Ostfeld rechtmäßig waren. Der Kläger ist gewähltes Mitglied des Ortsbeirats Mainz-Kastel und der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Wiesbaden. Er wurde von der Teilnahme an Sitzungen dieser Gremien hinsichtlich einzelner Tagesordnungspunkte ausgeschlossen, die sich auf das Ostfeld bezogen. Hintergrund der Ausschlüsse war die Annahme eines Interessenkonflikts, denn der Kläger ist auf einem von ihm gepachteten Grundstück, das in der Nähe des Fort Biehler und damit im Bereich des geplanten Ostfelds liegt, wohnhaft. Er wandte sich vor Gericht gegen die Ausschlüsse von den Sitzungen.

Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat die Klagen abgewiesen. Nunmehr liegen die schriftlichen Urteilsbegründungen vor.

Der Kläger sei zu Recht von den Tagesordnungspunkten der Sitzungen in Bezug auf das Ostfeld ausgeschlossen worden. Es habe aufgrund einer drohenden Interessenkollision ein Mitwirkungsverbot nach der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) vorgelegen. Hierfür genüge nach der HGO bereits der „böse Schein“ einer möglichen Befangenheit, eine tatsächlich vorliegende Befangenheit müsse nicht gegeben sein.

Ein Mitwirkungsverbot nach der HGO sei hierauf basierend gegeben. Für die Annahme des Interessenkonflikts sei es nicht erforderlich, dass der Kläger Eigentümer des betroffenen Grundstücks sei. Auch als Pächter sei der Kläger vom geplanten neuen Stadtteil betroffen. Der Kläger bewohne ein Haus, das sich bisher in ruhiger Lage befinde. Das Grundstück falle jedoch nunmehr in den Bereich für ein neues Wohnquartier mit gemischter Nutzung, das von 8.000 bis 12.000 Menschen bewohnt werden solle. Durch diese absehbare Veränderung der Umgebung habe der Kläger in Zukunft mit wesentlich höheren Immissionen, etwa durch die Zunahme des Verkehrs, zu rechnen. Diese Immissionen würden ihn mindestens genauso wie oder sogar mehr beeinträchtigen als einen Grundstückseigentümer.

Die Urteile (Az. 7 K 272/21.WI und 7 K 320/21.WI) sind noch nicht rechtskräftig. Innerhalb eines Monats nach Zustellung können die Beteiligten die Zulassung der Berufung beantragen. Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Hessische Verwaltungsgerichtshof.

Anhang:

§ 25 HGO (Hessische Gemeindeordnung)

Widerstreit der Interessen

(1) Niemand darf in haupt- oder ehrenamtlicher Tätigkeit in einer Angelegenheit beratend oder entscheidend mitwirken, wenn er

  1. durch die Entscheidung in der Angelegenheit einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann […]

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