Verwaltungsgericht Frankfurt am Main

das Verbot der Versammlung „Frieden und Gerechtigkeit im Nahen Osten“ wurde für rechtswidrig erklärt

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Nr. 11/2023

Mit Beschluss der für das Versammlungsrecht zuständigen 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main wurde das Verbot der Versammlung am 21.10.2023 ab 15:00 Uhr auf dem Opernplatz in Frankfurt am Main zu dem Thema „Frieden und Gerechtigkeit im Nahen Osten“ für rechtswidrig erklärt.

Der Antragsteller und zugleich Anmelder der Versammlung, ein islamischer Verein, hat am 20.10.2023 gegen die Verbotsverfügung der Stadt ebenfalls vom 20.10.2023 erfolgreich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.

Die Stadt hatte zuvor die Versammlung verboten. Durch die Terroranschläge der Hamas am 07.10.2023 in Israel seien zahlreiche Menschen, insbesondere Zivilisten, ermordet worden. Daraufhin habe es pro-palästinensische Kundgebungen in Berlin und anderen Städten in Deutschland gegeben, die diese Taten bejubelten und damit eindeutig die Terrororganisation der Hamas und ihre Morde verherrlichten. Aus diesem Grund sei in der vergangenen Woche bereits die Versammlung „Ein freies Palästina“ verboten worden. Teilnehmer seien trotz des Verbots angereist und es bestünden Verbindung des hiesigen Veranstalters zu dem Veranstalter der vergangenen Woche. Es sei zu befürchten, dass die Teilnehmenden sich nicht an die inhaltlichen Vorgaben des Veranstalters hielten, dies auch in Anbetracht der erwarteten Teilnehmerzahl von 2.000 Personen. Weiter sei davon auszugehen, dass die Versammlung als Ersatzveranstaltung für die verbotene Versammlung vom 14.10.2023 genutzt werde. Ebenfalls sei einer der Hauptredner in der Vergangenheit mit israelfeindlichen Agitationen aufgefallen.

Das Gericht führt in seinem Beschluss demgegenüber aus, dass im Rahmen der allein möglichen summarischen Prüfung in dem vorliegenden Eilverfahren die Verbotsverfügung offensichtlich rechtswidrig sei. Unabhängig von den seitens der Kammer geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken des einschlägigen Versammlungsfreiheitsgesetzes (HVersFG) seien die Einschränkungsmöglichkeiten tatbestandlich nicht erfüllt. Ein Versammlungsverbot als schwerste mögliche Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit könne nicht auf die Norm des § 14 Abs. 2 Satz 1 Alt.1 des HVersFG gestützt werden. Danach kann eine Versammlung nur dann verboten werden, wenn nach den erkennbaren Umständen - bezogen auf diese Versammlung - die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist. Bei dieser Prognoseentscheidung seien strenge Maßstäbe anzulegen, Verdachtsmomente reichten nicht aus. Daher könne ein Verbot nur „ultima ratio“ gegenüber weniger einschneidenden Maßnahmen, wie Beschränkungen der Versammlung sein.

Allein der Vergleich mit vorangegangenen verbotenen Versammlungen reiche nicht aus, da auf den konkreten Einzelfall abzustellen sei und vorliegend ein anderer Anmelder, anderer Veranstalter und ein anderes Versammlungmotto gegeben seien.

Auch seien den vorgelegten polizeilichen Berichten keine Straftaten zu entnehmen, die bei einer erlaubten Versammlung zu erwarten wären.

Sollte es während der Durchführung der Versammlung zu einzelnen möglichen Straftatbeständen und Gefährdungen Dritter kommen, so könne die zuständige Behörde hierauf jederzeit reagieren.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.

Aktenzeichen: 5 L 3313/23.F

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