Nr. 01/2022
Der Antragsteller ist Geschäftsführer einer Unternehmensberatung und bezogen auf das Coronavirus SARS-CoV-2 weder geimpft noch wissentlich genesen. Er begehrte den Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem Normenkontrollverfahren, indem er sich direkt gegen die nachfolgend genannten Vorschriften der Coronavirus-Schutzverordnung wandte.
Die streitigen Regelungen, die vorerst bis zum 13. Januar 2022 gültig sind, lauten:
- § 18 Freizeiteinrichtungen
(1) Schwimmbäder, Thermalbäder, Badeanstalten an Gewässern, Saunen und ähnliche Einrichtungen dürfen für den Publikumsverkehr nur öffnen, wenn
1. in Innenräumen nur Personen mit Negativnachweis nach § 3 Abs. 1Satz 1 Nr. 1 oder 2 eingelassen werden, […]. - § 20 Sportstätten
[…] In gedeckten Sportstätten dürfen nur Personen mit Negativnachweis nach § 3 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 eingelassen werden. - § 22 Gaststätten
(1) Gaststätten im Sinne des Hessischen Gaststättengesetzes vom 28. März 2012 (GVBl. S. 50), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 2016 (GVBl. S. 294), Mensen, Hotels, Eisdielen, Eiscafés und andere Gewerbe dürfen Speisen und Getränke
[…]
2. zum Verzehr vor Ort anbieten, wenn sichergestellt ist, dass
a) in der Innengastronomie nur Personen mit einem Negativnachweis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 eingelassen werden […].
Der Antragsteller hat zur Begründung seines Antrags im Wesentlichen geltend gemacht, durch die angegriffenen Regelungen erfahre er unzumutbare Einschränkungen in seinem Berufs- und Privatleben. Insbesondere wirkten sich die Regelungen in Bezug auf die Innengastronomie geschäftsschädigend aus, da es im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit regelmäßig vorkomme, dass er mit potentiellen Kunden, Bestandskunden und Mitarbeitern geschäftliche Essen vornehme. Die angegriffenen Regelungen seien unverhältnismäßig und verstießen somit gegen verschiedene Grundrechte.
Der 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die angegriffenen Regelungen erwiesen sich aufgrund der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig, noch sei bei der vom Senat anzustellenden Folgenabwägung die Außervollzugsetzung dieser Regelungen geboten.
Die angegriffenen Regelungen verletzten den Antragsteller nicht in seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Insbesondere verstießen die Zugangsverbote nicht offensichtlich gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die angegriffenen Regelungen dienten der Brechung der Infektionsdynamik, der Verringerung des Ansteckungsrisikos und dem Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung. Es sei nicht ersichtlich, dass eine sogenannte 3G- oder 3G-Plus-Regelung ein gleich wirksames Mittel zur Erreichung des vom Verordnungsgeber verfolgten Zwecks sei. Mit Blick auf die Einschätzung der aktuellen epidemiologischen Entwicklung durch das Robert-Koch-Institut habe der Verordnungsgeber davon ausgehen dürfen, dass den durch die Zugangsverbote bewirkten Grundrechtseingriffen mit dem Interesse an einem wirksamen Schutz von Leben und Gesundheit und an der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems Gemeinwohlbelange von überragender Bedeutung gegenüberstünden, zu deren Wahrung dringlicher Handlungsbedarf bestehe.
Die streitgegenständlichen Vorschriften ließen sich ferner mit dem Allgemeinen Gleichheitssatz des Artikels 3 Abs. 1 GG vereinbaren. Zum einen würden immunisierte Personen bei der derzeit noch dominierenden Delta-Variante weniger zum Infektionsgeschehen beitragen. Zum anderen seien nicht immunisierte Personen, wenn sie sich mit SARS-CoV-2 infizierten, stärker gefährdet, so schwer zu erkranken, dass sie intensivmedizinisch behandelt werden müssten. Sie trügen somit in stärkerem Maße dazu bei, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems drohe.
Der Beschluss ist im verwaltungsgerichtlichen Instanzenzug nicht anfechtbar. Der Antragsteller hat jedoch die Möglichkeit, das Bundesverfassungsgericht anzurufen.
Aktenzeichen: 8 B 2448/21.N