Verwaltungsgericht Frankfurt am Main

Eilantrag gegen den Hessischen Rundfunk

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Nr. 09/2023

Die Partei Mensch Umwelt Tierschutz ist mit einem Eilantrag gegen den Hessischen Rundfunk im Zusammenhang mit der Landtagswahl 2023 teilweise erfolgreich

Mit Eilantrag vom 25. September 2023 beantragte die Partei Mensch Umwelt Tierschutz den Hessischen Rundfunk im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, in allen Ergebnispräsentationen zur Hessischen Landtagswahl 2023 am 8. und 9. Oktober die Ergebnisse bestimmter Parteien mit einem kleineren Stimmenanteil gesondert auszuweisen und nicht in der Kategorie „Andere“ zusammenzufassen.

Die von der Antragstellerin eingereichte Landeswahlliste ist eine der insgesamt 21 zugelassenen Landeslisten.

Die Antragstellerin verweist auf die Berichterstattung des Hessischen Rundfunks anlässlich der Landtagswahl 2023, bei der die größeren Parteien bei der Präsentation von Hochrechnungen, Prognosen und dem vorläufigen amtlichen Endergebnis mit den erzielten Wahlergebnissen aufgeführt werden, während die nächstniedrigeren Ergebnisse der Freien Wähler und die der Antragstellerin zusammen mit den übrigen Parteiergebnissen in der Kategorie „Andere“ aufgeführt wurden. Darin sieht die Antragstellerin eine Verletzung ihres Rechts auf Chancengleichheit der Parteien nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 des Grundgesetzes, das auch in der Nachwahlberichterstattung gewährleistet werden müsse. Würden kleinere Parteien, die mindestens ein Prozent bei einer Wahl erreicht hätten, nicht gesondert in der Nachwahlberichterstattung aufgeführt, wäre die Offenheit des politischen Wettbewerbs beeinträchtigt. Denn einen Achtungserfolg einer kleineren Partei würden die Zuschauer im Gedächtnis behalten und sich an diese Partei bei kommenden Wahlen erinnern. Die separate Nennung der einzelnen Parteien, die über einem Prozent der Stimmen erhielten, sei nur ein geringfügiger Eingriff in die redaktionelle Gestaltungsfreiheit der Rundfunkanstalten. Technisch sei lediglich ein weiteres Schaubild zu erstellen, um das Wahlergebnis gestaffelt auch nach kleineren Parteien darzustellen.

Demgegenüber ist der Hessische Rundfunk der Auffassung, dass die grundgesetzlich geschützte Rundfunkfreiheit ihm ermögliche, die Bedeutung von politischen Parteien zu berücksichtigen und ihnen nach dem Prinzip der abgestuften Chancengleichheit unterschiedlichen Raum bei der Wahlberichterstattung einräumen könne. Es bestehe keine Verpflichtung, den Gleichheitssatz für die politischen Parteien strikt zu beachten, zumal zum Zeitpunkt der Ausstrahlung der Sendungen, beginnend am Wahlabend nach Schließung der Wahllokale um 18 Uhr, jedenfalls zu Beginn der Stimmauszählung erhebliche statistische Ungenauigkeiten bestünden. Dies betreffe insbesondere die Parteien, deren Stimmenanteil unter drei Prozent liege. Auch das Meinungsforschungsinstitut Forschungsgruppe Wahlen e.V. weise wegen des bestehenden hohen Fehlerbereichs erst die Parteien gesondert auf, die auf einen Stimmanteil von mindestens drei Prozent kommen.

Die Stimmanteile würden noch in der Wahlnacht unmittelbar nach Bekanntgabe des vorläufigen amtlichen Endergebnisses durch den Landeswahlleiter im Internet-Portal des Hessischen Rundfunks in aufgeschlüsselter Form jedermann zur Verfügung gestellt.

Das Gericht hat mit heute ergangenen Beschluss dem Hessischen Rundfunk im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, in den Präsentationen des vorläufigen amtlichen Endergebnisses zur hessischen Landtagswahl in seinem Dritten Fernsehprogramm („hr Fernsehen“) am 8. und 9. Oktober 2023 das (voraussichtliche) Wahlergebnis der Antragstellerin auszuweisen, wenn diese gemäß dem jeweils präsentierten vorläufigen amtlichen Endergebnis ein Wahlergebnis von mindestens einem Prozent erreicht. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt.

Zur Begründung hat das Gericht angeführt, es erscheine bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung durchaus möglich, dass sich die durch eine namentliche Ausweisung erzielte öffentliche Aufmerksamkeit – wenn auch nicht im Hinblick auf die beendete Wahl – so doch mit Blick auf künftige Wahlen auf die Erfolgsaussichten einer Partei im Wahlwettbewerb auswirken könne. Nach dem Grundsatz der Chancengleichheit stehe der Antragstellerin allerdings nur hinsichtlich der Ausweisung ihres (voraussichtlichen) Wahlergebnisses bei der Präsentation des jeweiligen vorläufigen amtlichen Endergebnisses, nicht aber bei der Präsentation vorheriger Prognosen und Hochrechnungen ein Anordnungsanspruch zu. Die Chancengleichheit zwischen den politischen Parteien gebietet es nämlich nicht, das prozentual geringe (voraussichtliche) Wahlergebnis einer Partei auszuweisen, wenn dieses Ergebnis im Vergleich zu den prozentual größeren Ergebnissen anderer Parteien methodisch bedingt einer größeren relativen Fehleranfälligkeit unterliege.

Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof möglich.

Az.: 1 L 3013/23.F

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