Verwaltungsgericht Gießen

Einstufung als Rechtsextremist allein begründet keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit

Mit einem in der vergangenen Woche ergangenen Beschluss gab das Verwaltungsgericht Gießen dem Eilantrag eines Einwohners des Wetteraukreises gegen den Widerruf einer waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnis statt.

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Der Wetteraukreis widerrief im Januar 2024 waffen- und sprengstoffrechtliche Erlaubnisse, die dem Antragsteller in der Vergangenheit erteilt worden waren. Dem war eine Mitteilung des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) vorausgegangen, wonach der Antragsteller dem Phänomenbereich Rechtsextremismus zugerechnet werden könne. Insbesondere habe der Antragsteller im Jahr 2021 an Veranstaltungen der NPD (nunmehr: „Die Heimat“) teilgenommen und habe im Jahr 2022 gemeinsam mit NPD-Funktionären auf einem Demonstrationszug ein regierungskritisches Banner getragen. Ferner sei der Pkw des Antragstellers im Wohnumfeld von Funktionären der Partei „Die Heimat“ gesichtet worden. Auch die vom LfV recherchierten Aktivitäten des Antragstellers in sozialen Medien seien dem Phänomenbereich Rechtsextremismus zuzuordnen. Über eine Parteimitgliedschaft des Antragstellers in der NPD (bzw. nunmehr in der Partei „Die Heimat“) lägen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Aus den Recherchen des LfV folgerte der Wetteraukreis in seiner Begründung des Widerrufs, dass der Antragsteller insbesondere Unterstützungshandlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung vorgenommen habe und daher waffenrechtlich unzuverlässig sei.

Der Antragsteller trug demgegenüber vor, dass er sich lediglich im Rahmen des Kommunalwahlkampfes 2021 bei Veranstaltungen verschiedener Parteien informiert habe. Mit dem Inhalt des von ihm auf der Demonstration getragenen Transparentes, welches mit der NPD (nunmehr: „Die Heimat“) nicht hätte in Verbindung gebracht werden können, habe er sich spontan identifiziert. Die Onlineplattformen habe er seit mehreren Jahren nicht mehr aktiv genutzt. 

Die für das Waffenrecht zuständige 9. Kammer führte in ihrer Entscheidung aus, dass allein die Einstufung des Antragstellers als Rechtsextremist durch das LfV keine waffen- oder sprengstoffrechtliche Unzuverlässigkeit begründe. Insoweit wäre die Feststellung aktiv-kämpferischer Betätigungen gegen elementare Verfassungsgrundsätze erforderlich. Ferner sei eine Einstufung als waffenrechtlich unzuverlässig aufgrund einer Mitgliedschaft in der NPD (nunmehr: „Die Heimat“) zwar möglich, im Fall des Antragstellers sei eine Mitgliedschaft jedoch nicht durch Tatsachen belegt. Die oben dargestellten Aktivitäten des Antragstellers ließen sich auch nicht als Unterstützen von verfassungsfeindlichen Vereinigungen einordnen, insbesondere fehle es an einer hinreichend nachhaltigen bzw. außenwirksamen Betätigung.

Die Entscheidung (Beschluss vom 21. März 2024, Az.: 9 L 280/24.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.

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