Der Antragsteller ist Mitglied des Kreistages des Landkreises Marburg-Biedenkopf für die „Bürgerliste Weiterdenken-WDMR“ sowie inhaltlich Verantwortlicher für die Tele-Medien „Weiterdenken-Marburg.de“, ferner unterhält er einen You-Tube-Kanal mit journalistisch-redaktionell gestalteten Inhalten. Mit seinem Rechtsschutzgesuch begehrte er im Wege der einstweiligen Anordnung, sowohl dem Kreistag Marburg-Biedenkopf als auch dessen Vorsitzenden aufzugeben es zu unterlassen, einem vom Antragsteller beauftragten Filmberichterstatter zu untersagen, vom öffentlichen Teil der für den 20. Mai 2022 vorgesehen Kreistagssitzung Film-und Tonaufnahmen anzufertigen, die zur Veröffentlichung im Internet auf einem Telemedium des Antragstellers bestimmt seien. Mit Schreiben vom 17. Mai 2022 hatte der Vorsitzende des Kreistages dem Antragsteller mitgeteilt, die Durchführung der Film-und Tonaufnahmen bei der Sitzung des Kreistages am 20. Mai 2022 sei untersagt.
Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Hauptsatzung des Landkreises Marburg-Biedenkopf Film-und Tonaufnahmen durch die Medien allgemein erlaube. Eine Einschränkung, dass nur bestimmte Medien dies dürften, etwa der öffentlich-rechtlich Rundfunk oder die etablierte Lokalpresse, sei nicht vorgesehen. Ein selektives Filmverbot nur für bestimmte Medienvertreter stehe nicht im Einklang mit der Satzung und sei rechtswidrig.
Das Verwaltungsgericht hat dem Vorsitzenden des Kreistages aufgegeben, ein Verbot der vom Antragsteller gewünschten Filmaufnahmen zu unterlassen. Der Kreistag des
Landkreises Marburg-Biedenkopf sehe in seiner Hauptsatzung vor, dass Medien Film- und Tonaufnahmen während öffentlicher Sitzungen des Kreistages zur Veröffentlichung anfertigen dürften. Durch diese Bestimmung habe der Kreistag die bereits im Gesetz enthaltene Saalöffentlichkeit zu einer Medienöffentlichkeit erweitert und damit auch die Rechtsposition der jeweiligen Abgeordneten des Kreistages auf Wahrung der Saal- und Medienöffentlichkeit. Ebenso wie es das Recht auf freie Mandatsausübung des Kreistagsabgeordneten verletzen würde, wenn die Saalöffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen werden würde, werde dieses Recht verletzt, wenn die Medienöffentlichkeit in rechtswidriger Weise ausgeschlossen werde. Der Kreistag habe auch geregelt, dass die Medien Aufzeichnungen anfertigen dürften, die mit dem Ziel der Veröffentlichung im Internet angefertigt würden, und damit ein weites Begriffsverständnis für Medien übernommen, das nicht auf typische Presse- oder Rundfunkdienstleistungen eingeschränkt sei.
Der Beschluss (Az.: 8 L 1040/22) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können binnen zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde einlegen, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel entscheidet.