Verwaltungsgericht Gießen

Gießener Verkehrsversuch rechtswidrig

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Das Verwaltungsgericht Gießen gab heute dem Eilantrag von zwei Einwohnern, die sich gegen die Verkehrsführung im Zusammenhang mit dem geplanten Verkehrsversuch auf dem Gießener Anlagenring wandten, statt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Verkehrsversuch lägen nach aktueller Kenntnislage nicht vor. Der Stadt Gießen wurde aufgegeben, die streitgegenständlichen Verkehrsschilder binnen zwei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung in ihren Ursprungszustand zurückzuversetzen.

Die Antragsteller wenden sich mit ihrer Klage und dem Eilantrag gegen drei verkehrsrechtliche Anordnungen, die von der Stadt Gießen im Zuge der ersten Umbauphase für den Verkehrsversuch auf dem Anlagenring getroffen wurden. Seit Beginn der Umbaumaßnahmen am 19. Juni 2023 ist die bisher geltende Einbahnstraßenregelung in der Braugasse aufgehoben. Ferner ist die Landgrafenstraße als Sackgasse beschildert. Weiterhin änderte die Stadt Gießen die Richtung der Einbahnstraßenregelung in der Senckenbergstraße. Diese Regelungen sollen über die Zeit der Umbaumaßnahmen hinaus auch während des Verkehrsversuch ab September 2023 fortgelten.

Die Stadt Gießen begründete die streitgegenständlichen Verkehrsschilder mit der Durchführung von Arbeiten im Straßenraum. Die Antragsteller trugen vor, dass es sich bei der geänderten Verkehrsführung bereits jetzt um Umleitungen für den Verkehrsversuch handele. Ein Verkehrsversuch erfordere eine Gefahrenlage, die durch eine plausible Datengrundlage nachgewiesen werden müsse. Hieran fehle es bei dem Verkehrsversuch auf dem Anlagenring. Allein die Vermutung, der Anlagenring werde künftig vermehrt von Radfahrern genutzt, reiche hierzu nicht aus.

Auch die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts führte in ihrer Begründung aus, dass die Stadt Gießen eine Gefahrenlage für die Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs am Anlagenring nicht dargelegt habe. Die angegriffenen Verkehrsschilder könnten auch nicht allein mit der Durchführung von Arbeiten im Straßenraum begründet werden, weil sie allesamt über die Umbaumaßnahmen hinaus für die Dauer des Verkehrsversuchs fortbestehen bleiben sollen. Insofern seien hier bereits die Maßstäbe anzulegen, die auch für den Verkehrsversuch anzulegen sind.

Für einen Verkehrsversuch sehe die Straßenverkehrsordnung zwingend die Feststellung einer einfachen Gefahrenlage vor. Die von der Stadt aufgeführten Gründe wie Klimaschutz und Emissionsreduzierung und auch eine prognostizierte Nutzung durch den Radverkehr seien demgegenüber nicht ausreichend.

Die Entscheidung (Beschluss vom 10. Juli 2023, Az.: 6 L 1536/23.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.

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