Die Klägerin unterhielt bis zu der Mitte 2021 erfolgten Verlegung ihres Geschäftssitzes eine Betriebsstätte im Vogelsbergkreis und bot in der Vergangenheit über ihren Online-Shop verschiedene Hanf-Produkte an. Hierunter waren auch für den menschlichen Verzehr bestimmte CBD-haltige Hanföle. Diese wurden als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet und unter anderem damit beworben, dass CBD-Öl als natürliche Alternative zu chemischen Arzneimitteln einen gesunden Lebensstil fördere. Auf der Internetseite der Klägerin wurde eine positive Wirkung bei psychischen Beschwerden wie Stress, Nervosität und Depression, bei Autismus, bei Parkinson und Alzheimer, bei entzündlichen Darmerkrankungen, bei Angstzuständen, bei Schizophrenie und bei Krebs beschrieben.
Die Lebensmittelbehörde des Vogelsbergkreises gab der Klägerin im Juni 2019 unter anderem auf, eine bestimmte Charge eines von ihr vertriebenen CBD-haltigen Hanföls von den Endkunden sofort zurückzurufen und untersagte ihr gleichzeitig den Verkauf von Hanfölen mit dem Inhaltsstoff CBD. Dies begründete der beklagte Landkreis im Wesentlichen damit, dass es sich um ein sogenanntes neuartiges Lebensmittel handele, welches europarechtlich einer Zulassungspflicht unterliege. Das Produkt sei zudem gesundheitsschädlich.
Die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen stellte mit Urteil vom 19. September 2023 fest, dass dieser Bescheid rechtswidrig war, weil die unzuständige Behörde gehandelt habe. Zuständig sei nicht die Lebensmittelbehörde, sondern die Arzneimittelbehörde. Arzneimittelbehörde ist in Hessen seit diesem Jahr das Hessische Landesamt für Gesundheit und Pflege und war zuvor das Regierungspräsidium Darmstadt. Die Rechtsgrundlagen im Lebensmittelrecht, auf die sich der Vogelsbergkreis gestützt hatte, seien nicht anwendbar. Unter den Begriff Arzneimittel fielen einerseits sogenannte Funktionsarzneimittel. Dem unterfalle das CBD-haltige Hanföl bereits, weil es pharmakologische Eigenschaften habe. Nachgewiesen sei etwa eine antiepileptische und eine antipsychotische Wirkung. Darüber hinaus unterfielen aber auch sogenannte Präsentationsarzneimittel dem Arzneimittelrecht. Aufgrund der Produktbeschreibungen, die die Klägerin auf der von ihr betriebenen Internetseite zur Verfügung gestellt hat, sei der Eindruck entstanden, die CBD-Öle dienten der Linderung von Krankheitsbeschwerden.
Die Entscheidung (Urteil vom 19. September 2023, Az.: 10 K 3158/20.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen eines Monats die Zulassung der Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel beantragen.