Verwaltungsgericht Wiesbaden

Islamunterricht an Schulen

Bekenntnisorientierter Islamunterricht an Schulen wird fortgeführt.

Lesedauer:4 Minuten

Nr. 10/2021

Auf der Basis eines Bescheides des Hessischen Kultusministeriums vom 17.12.2012 wurde in Hessen mit Wirkung ab dem Schuljahr 2013/2014 ein bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht in Kooperation mit DITIB Hessen als ordentliches Lehrfach eingerichtet. Im April 2020 gab das Hessische Kultusministerium per Pressemitteilung bekannt, dass die Vollziehung des Bescheides von 2012 zur Einrichtung eines bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts in Kooperation mit DITIB zum Ende des laufenden Schuljahres ausgesetzt werde.

Mit der Klage begehrt DITIB, dass wieder islamischer Religionsunterricht in Kooperation mit ihm erfolge. Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden gab der Klage durch Urteil vom 02.07.2021 statt. Nunmehr liegt die ausführliche schriftliche Urteilsbegründung vor.

Die Kammer hat entschieden, dass der Kläger einen Anspruch darauf habe, dass in Kooperation mit ihm islamischer Religionsunterricht stattfinde. Dieser Anspruch ergebe sich aus dem Bescheid vom 17.12.2012. Zwar sei in diesem Bescheid nicht die konkrete Art und Weise der Umsetzung der Kooperation geregelt. Unzweifelhaft ergebe sich aber hieraus, dass der staatliche bekenntnisorientierte Religionsunterricht in Kooperation mit DITIB stattfinde. Es bestünde insoweit ein Anspruch auf aktive Kooperation. In welchem Umfang, also insbesondere an wie vielen und an welchen Schulen dieser stattfinde, habe der Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.

An diesem Ergebnis ändere insbesondere die Presseinformation nichts, in der bekannt gegeben worden sei, dass der islamische Religionsunterricht in Zusammenarbeit mit DITIB nicht mehr erteilt werde. Denn diese vollständige Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 17.12.2012 stelle ein den Kläger belastendes Verwaltungshandeln dar, das einer Rechtsgrundlage bedürfe.

Eine solche Rechtsgrundlage sei nicht ersichtlich, sodass das Vorgehen des Beklagten rechtswidrig sei.

Der Beklagte habe den Bescheid nicht widerrufen. Ein Widerruf stelle einen Verwaltungsakt dar, der den Regeln des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG) zu folgen habe. Er müsse begründet, bekanntgegeben und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen werden und sei vor dem Verwaltungsgericht anfechtbar. Die Aussetzung führe den faktisch gleichen Zustand herbei, der bei einem Widerruf eingetreten wäre, namentlich, dass der Unterricht nicht mehr stattfinde. Bei der Aussetzung würden dem Kläger aber die Rechte und Schutzmechanismen genommen werden, die ein Widerruf ausgelöst hätte.

Das allgemeine Verwaltungsrecht regele abschließend, wie ein begünstigender Verwaltungsakt aufgehoben werden könne. Ein Rückgriff auf nicht näher benannte „allgemeine Grundsätze des Verwaltungsverfahrens“, durch die die Normen des HVwVfG, insbesondere die Regelungen zu Rücknahme und Widerruf, umgangen würden, sei rechtswidrig.

Auch der Bescheid vom 17.12.2012 selbst sehe keine Aussetzung des Religionsunterrichts vor. Durch die Aussetzung sei die Kooperation mit dem Kläger vollständig rückgängig gemacht worden. Dies sei nicht mehr von dem Bescheid gedeckt. Denn solange der Verwaltungsakt wirksam sei, müsse er schon dem reinen Wortsinn nach auch eine Wirkung entfalten.

Gegen das Urteil (Az.: 6 K 1234/20.WI) kann der Beklagte binnen eines Monats einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hätte.

Schlagworte zum Thema