Nach einer gemeindlichen Satzung über die Straßenreinigung sind im Gebiet der Antragstellerin überhängende Äste und Zweige von Bäumen und Sträuchern (Überhang) über Gehwegen bis zur Höhe von 2,40 Metern und über der Fahrbahn bis zur Höhe von 4,50 Metern zu entfernen. Die beantragende Gemeinde stellte im Sommer 2021 fest, dass der Antragsgegner diesen Verpflichtungen nicht nachkam und setzte zunächst mehrfach Zwangsgelder fest. Nachdem der Antragsgegner hierdurch nicht zur Durchführung der von ihm geforderten Maßnahmen bewegt werden konnte, wurden diese im Januar 2022 von der Gemeinde selbst auf Kosten des Antragsgegners ausgeführt. Die Beitreibung dieser Kosten und der festgesetzten Zwangsgelder, insgesamt über 2.000,00 Euro, blieb auch nach mehreren Versuchen erfolglos, da der betroffene Einwohner vermögenslos war. Daher beantragte die Gemeinde beim Verwaltungsgericht Gießen die Anordnung von Ersatzzwangshaft, auch um den Antragsgegner zukünftig zur Erfüllung seiner Verpflichtungen zu bewegen.
Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen lehnte diesen Antrag der Gemeinde in der vergangenen Woche ab. Nach Einschätzung des Gerichts ist der mit einer Ersatzzwangshaft verbundene Eingriff in die Freiheit der Person zur Durchsetzung einer Verpflichtung, die bereits durch die Gemeinde selbst vorgenommen wurde, nicht verhältnismäßig. Auch eine Anordnung von Ersatzzwangshaft „auf Vorrat“, also für die Durchsetzung zukünftiger Verpflichtungen, war aus Sicht der Kammer rechtlich nicht zulässig.
Die Entscheidung (Beschluss vom 25. Januar 2023, Az.: 4 L 2623/22.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.