Klagen gegen Haubergvorsteher teilweise erfolgreich
Die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen hat heute in vier Verfahren entschieden, in denen sich Mitglieder der Hauberggenossenschaft Offdilln (einem Ortsteil der Stadt Haiger) im Wesentlichen gegen verschiedene Verfügungen des Haubergvorstehers wandten.
Bei der Hauberggenossenschaft handelt es sich um eine Spezialform einer Genossenschaft, bei der die Mitglieder gemeinsam die forstwirtschaftliche Nutzung eines bewaldeten Gebietes übernehmen. Die laufenden Geschäfte werden von einem gewählten Vorstand geführt.
Die Kläger machten vor Gericht mehrere Auskunfts-, Einsichts- sowie Schadensersatzansprüche geltend. Insbesondere forderten sie als Mitglieder der Hauberggenossenschaft die Herausgabe eines vollständigen Mitgliederverzeichnisses.
Außerdem rügten die Kläger gefasste Beschlüsse in den Genossenversammlungen am 25. Oktober 2013, 29. November 2013, 10. Oktober 2014, 13. Oktober 2017 und 28. September 2018. Diese seien unwirksam, weil der Haubergvorsteher zu den Versammlungen nicht ordnungsgemäß eingeladen habe. Den in der „Haigerer Zeitung“ veröffentlichten Einladungen zu den beiden Versammlungen im Jahr 2013 und derjenigen am 10. Oktober 2014 hätte jeweils die Tagesordnung gefehlt. Ferner seien die Einladungen zu den Versammlungen im Oktober 2017 und September 2018 nicht ortsüblich bekanntgemacht worden, da sie lediglich im Anzeigenteil der Zeitungsgruppe Lahn-Dill und nicht - wie in der damals gültigen Hauptsatzung der Stadt Haiger festgelegt - im Mitteilungsblatt „Haiger heute“ veröffentlicht wurden.
Der Vorsteher sei zudem nicht berechtigt gewesen, mit dem Vermögen der Hauberggenossenschaft Anleihekäufe zu tätigen, da der Vorsteher lediglich als Verteilungsstelle des Haubergvermögens auftrete.
Die Kammer stellte im Rahmen der heutigen mündlichen Verhandlung fest, dass die auf den Versammlungen der Hauberggenossenschaft am 25. Oktober 2013, 29. November 2013 und 10. Oktober 2014 gefassten Beschlüsse unwirksam sind und verurteilte den Haubergvorsteher zum Verkauf einer mit Mitteln der Gemeinschaft der Anteilseigner erworbenen Anleihe.
Das Fehlen der Tagesordnung bei der Einladung zu den Versammlungen stelle einen unheilbaren Fehler dar und führe zur Unwirksamkeit der auf den Versammlungen getroffenen Beschlüsse. Ferner sei der Vorsteher ohne entsprechenden wirksamen Beschluss der Genossenschaft nicht berechtigt gewesen, Anleiheeinkäufe mit Mitteln der Hauberggenossenschaft zu tätigen.
Im Übrigen hatten die Klagen keinen Erfolg. Insbesondere sei zu den benannten Versammlungen in den Jahren 2017 und 2018 wirksam geladen worden. Die Veröffentlichung der Ladungen im Anzeigenteil der Zeitungsgruppe Lahn-Dill sei seinerzeit ortsüblich gewesen.
Die begehrten vielzähligen Auskunfts- und Einsichtsansprüche stünden den Klägern nicht zu, da sie im Wesentlichen kein hinreichendes berechtigtes Interesse an den Auskünften und Dokumenten dargelegt hätten.
Insbesondere bestehe kein Anspruch auf Herausgabe der begehrten Mitgliederliste. Ungeachtet der Frage, ob ein solcher Anspruch den Genossen grundsätzlich zustehe, liege den Klägern eine solche Liste aus dem Jahr 2018 vor. Zudem handele es sich bei einem der Kläger um den ehemaligen Haubergvorsteher, der die meisten Hauberggenossen auch persönlich kennen dürfte.
Schadensersatzansprüche stünden den Klägern schließlich ebenfalls nicht zu. Den auf Feststellungen gerichteten Klageanträgen fehle es bereits an einem Feststellungsinteresse. Es sei aber auch nicht ersichtlich, dass der Vorsteher seine Pflichten verletzt habe.
Die Entscheidungen (Urteile vom 22. April 2024, Az.: 8 K 2722/14.GI, 8 K 4181/17.GI, 8 K 8423/17.GI und 8 K 5640/18.GI) sind noch nicht rechtskräftig.
In dem Verfahren 8 K 2722/14.GI hat die Kammer die Berufung zugelassen. Die Beteiligten können gegen dieses Urteil binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.
In den übrigen Verfahren können die Beteiligten binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe die Zulassung der Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel beantragen.