Verwaltungsgericht Frankfurt am Main

„Nie wieder Faschismus – Erinnerung an die Reichspogromnacht wachhalten, Antisemitismus bekämpfen!“

Verbot der Versammlung „Nie wieder Faschismus – Erinnerung an die Reichspogromnacht wachhalten, Antisemitismus bekämpfen!“ hält gerichtlicher Prüfung nicht stand.

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Nr. 12/2023

Mit Beschluss der für das Versammlungsrecht zuständigen 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main wurde das Verbot der Versammlung vom 09.11.2023 in der Zeit von 18 bis 20 Uhr auf der Bockenheimer Warte in Frankfurt am Main zu dem Thema „Nie wieder Faschismus – Erinnerung an die Reichspogromnacht wachhalten, Antisemitismus bekämpfen!“ für rechtswidrig erklärt.

Die Antragstellerin und zugleich Anmelderin der Versammlung, hat unter dem 09.11.2023 gegen die Verbotsverfügung der Stadt Frankfurt am Main vom gleichen Tag um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.

Das von der Stadt erlassene Verbot der Versammlung hat diese im wesentlichen damit begründet, dass die Anmelderin in jüngerer Vergangenheit in Frankfurt am Main und in Berlin als Anmelderin pro-palästinensischer und anti-israelischer Versammlungen aufgetreten ist und es zu befürchten sei, dass auch bei der heutigen Veranstaltung antisemitisches Gedankengut verbreitet werden soll. Gerade am heutigen Gedenktag sei dies unerträglich in einem Maße, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet werde. Das angemeldete Thema der Versammlung sei als ein Deckmantel für die eher antisemitisch ausgerichtete Veranstaltung zu verstehen.

Das Gericht führt in seinem Beschluss demgegenüber aus, dass im Rahmen der summarischen Überprüfung die Verbotsverfügung offensichtlich rechtswidrig sei. Ein Versammlungsverbot als schwerste mögliche Einschränkung der grundgesetzlich geschützten Versammlungsfreiheit könne nur dann verhängt werden, wenn nach den erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit durch die Versammlung unmittelbar gefährdet werde. Konkrete Anhaltspunkte für eine solche unmittelbare Gefährdung habe die Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Die Stadt Frankfurt habe nicht in Zweifel gezogen, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit Versammlungen gegen den deutschen Antisemitismus angemeldet und durchgeführt habe.

Es sei zwar nicht auszuschließen, dass bei dieser Veranstaltung das eigentliche Motto erweitert werde und Themen mit stärkerem Bezug zu den Ereignissen im Nahen Osten in den Vordergrund rücken könnten, dennoch sei eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht anzunehmen, weil die Antragsgegnerin nichts dazu vorgetragen habe, ob und wieweit die in anderen Städten bei pro-palästinensischen Versammlungen erlangten Erkenntnisse auf die hiesige Veranstaltung übertragbar seien.

Es sei auch nicht erkennbar, ob mildere Mittel als das Verbot der Versammlung überhaupt geprüft worden seien.

Sollte es während der Versammlung zu Straftatbeständen durch die Teilnehmer kommen, so könne die Behörde hierauf jederzeit reagieren.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.

Aktenzeichen: 5 L 3551/23.F

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