Verwaltungsgerichtshof Kassel

Protestcamp in Gießen muss weichen

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Nr. 17/2023

Der 2. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat mit Beschluss vom 5. Oktober 2023 bestätigt, dass die von der Stadt Gießen verfügte Verlegung des Protestcamps in der Landgrafenstraße auf einen ca. 50 Meter entfernten Parkplatz rechtmäßig ist. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gießen vom 29. September 2023 (9 L 2430/23.GI) wurde zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hatte gegenüber der Stadt Gießen angezeigt, die ursprünglich vom 9. bis zum 30. September 2023 angemeldete Versammlung unter dem Motto „Sicheres Fahrradfahren – Keine Autozufahrten auf die Fahrradstraße Ostanlage“ bis zum 20. Oktober 2023 fortführen zu wollen. Die Stadt Gießen entsprach diesem Ansinnen, verlegte aber den Versammlungsort von der Landgrafenstraße auf einen in unmittelbarer Nähe befindlichen Parkplatz hinter der Bushaltestelle „Landgericht“ an der Ostanlage. Dagegen wehrte sich die Antragstellerin mit einem gerichtlichen Eilantrag, den das Verwaltungsgericht Gießen ablehnte.

Diese Entscheidung hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 5. Oktober 2023 bestätigt.

Der 2. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat in seiner Entscheidung das Versammlungsrecht der Antragstellerin mit der öffentlichen Sicherheit sowie dem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit der Nutzer von Pkw und Lkw abgewogen. Zugunsten der Antragstellerin falle zwar ins Gewicht, dass das Versammlungsthema, das eine Verkehrswende und die Fortführung des sog. Gießener Verkehrsversuchs fordere, einen unmittelbaren Bezug zum Versammlungsort aufweise. Die Sperrung der Landgrafenstraße für den Kraftfahrzeugdurchgangsverkehr sei gerade Gegenstand der Rechtsstreitigkeiten um den Verkehrsversuch gewesen. Einer lediglich geringfügigen Einschränkung des Versammlungsrechts durch Verlagerung des Protestcamps an einen nur 50 Meter entfernten Ort, der zudem in teilweiser Sichtweite zum bisherigen Versammlungsort liege, stünden jedoch überwiegende Schutzgüter der Allgemeinheit und der Nutzer von Pkw und Lkw entgegen. Die gegen den (erlaubten) Kraftfahrzeugverkehr gerichtete absichtliche Blockade einer Straße durch das Protestcamp gehe weit über das bei Versammlungen unvermeidliche Maß der Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs hinaus und stelle somit nicht nur eine Gefährdung, sondern sogar eine Verletzung der öffentlichen Sicherheit dar.

Die Stadt stelle mit dem Rückbau und der Freimachung der auch für den Kraftfahrzeugverkehr gewidmeten Landgrafenstraße einen rechtmäßigen Zustand her, wozu sie aufgrund der gerichtlichen Entscheidungen zum Gießener Verkehrsversuch (Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 10. Juli 2023, 6 L 1536/23.GI, bestätigt durch den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. August 2023, 2 B 987/23) verpflichtet sei. Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch, die Stadt gerichtlich zu verpflichten, beim Verwaltungsgericht eine abändernde Entscheidung zum Verkehrsversuch herbeizuführen. Die öffentlich-rechtliche Gefahrenabwehr sei Sache des Staates, nicht der Antragstellerin.

Der Beschluss ist im verwaltungsgerichtlichen Instanzenzug nicht anfechtbar.

Aktenzeichen: 2 B 1353/23

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