Verwaltungsgericht Gießen

Wahl des Stadtverordnetenvorstehers in Homberg (Ohm) ungültig

Das Verwaltungsgericht Gießen erklärte die Wahl des Stadtverordnetenvorstehers der Stadt Homberg (Ohm) am 29. April 2021 für ungültig.

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Die Stadtverordnetenversammlung wählte in ihrer ersten Sitzung am 29. April 2021 den Stadtverordnetenvorsteher. Die Sitzungsleitung hierfür obliegt dem ältesten Mitglied. Dieser, einer der Kläger vor Gericht, wies auf einen Widerstreit der Interessen hin, da er selbst sich um das Amt des Stadtverordnetenvorstehers bewerben werde. Daraufhin wurde das nächstälteste Mitglied unzutreffend bestimmt und übernahm die Sitzungsleitung. Tatsächlich gab es ein zwei Tage älteres und ebenfalls anwesendes Mitglied der Stadtverordnetenversammlung. Darüber hinaus handelte es sich bei dem sodann die Sitzung Leitenden um einen weiteren Bewerber um das Amt des Stadtverordnetenvorstehers, der bei der anschließenden Wahl auch hierzu gewählt wurde.

Die Kläger, zwei Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung, halten diese Wahl zum Stadtverordnetenvorsteher aus mehreren Gründen für ungültig. Zunächst sei die Stadtverordnetenversammlung nicht durch das älteste bzw. nächstälteste Mitglied geleitet worden. Außerdem habe sich der Sitzungsleiter in einem Widerstreit der Interessen befunden. Er habe sich unter anderem während der geleiteten Sitzung in das Amt des Stadtverordnetenvorstehers wählen lassen. Darüber hinaus liege auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der geheimen Wahl vor. Ein Wahlhelfer habe nämlich direkt neben der Wahlkabine gestanden und hätte aufgrund seiner Körpergröße über den Rand in die Wahlkabine hineinsehen können. Zudem habe ein Stadtverordneter den Wahlzettel außerhalb der Wahlkabine sichtbar gefaltet und es sei zu sehen gewesen, wer gewählt wurde.

Die beklagte Stadtverordnetenversammlung vertrat demgegenüber die Auffassung, dass ein Interessenwiderstreit nicht vorliege, weil der zu Wählende bei der Stimmabgabe anwesend sein durfte. Das zweitälteste Mitglied der Stadtverordnetenversammlung habe nach der Sitzung schriftlich erklärt, dass er die Sitzungsleitung auch auf direkte Nachfrage nicht übernommen hätte. Der Wahlhelfer hätte nicht in die Wahlkabine schauen können und die Angabe, dass ein Abgeordneter seine Wahlunterlagen außerhalb der Wahlkabine für andere sichtbar gefaltet habe, sei ebenfalls unzutreffend.

Nach dem heute verkündeten Urteil des Richters der 8. Kammer Dr. Arno Dieckmann war die Wahl ungültig. In seiner mündlichen Begründung führte er hierzu aus, dass sich der Sitzungsleiter in einem Widerstreit der Interessen befunden habe und die Wahl bereits deshalb ungültig sei. Der Interessenwiderstreit liege darin begründet, dass der Sitzungsleiter insbesondere auch die Wahl geleitet habe, bei der er sich selbst hat aufstellen und wählen lassen. Dies sei ein erheblicher Fehler, der sich auf das Ergebnis der Wahl habe niederschlagen können.

Auf die Frage der Ältestenvertretung und die zwischen den Beteiligten streitigen Umstände zum Wahlvorgang komme es nicht an.

Die Entscheidung (Urteil vom 14. Februar 2023, Az.: 8 K 127/22.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe die Zulassung der Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel beantragen.

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