Das Verwaltungsgericht Gießen sprach dem CDU-Gemeindeverband Ranstadt mit heute ergangenem Eilbeschluss einen Anspruch auf Wahlsichtwerbung in Form von Plakaten in der Gemeinde Ranstadt an insgesamt 75 Orten für die aktuelle Wahlkampfphase anlässlich der bevorstehenden Kommunalwahl am 14. März zu.
Für das Anbringen von Wahlplakaten im öffentlichen Verkehrsraum ist eine sogenannte straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis erforderlich. Eine solche hatte die CDU in Ranstadt für die anstehende Kommunalwahl beantragt. Die Gemeinde erteilte jedoch zunächst nur eine Erlaubnis für das Aufstellen von insgesamt 10 Plakatständern in ihrem Gemeindegebiet und schränkte die Aufstellmöglichkeiten weiter ein. Insbesondere dürften Straßenlaternen und im Eigentum der Gemeinde stehende Bäume nicht als Befestigungsorte genutzt werden. Die Gemeinde befürchte hierbei unter anderem entstehende Schäden an dem Lack der Laternen und der Rinde der Bäume. Außerdem verwies sie auf die Werbeanlagensatzung der Gemeinde, die diese Befestigungsorte für Außenwerbung ebenfalls ausklammert.
Nachdem der Gemeindeverband der CDU hiergegen Widerspruch einlegte und geltend machte, dass ihm eine angemessene Wahlwerbung durch Plakate hierdurch fast unmöglich gemacht werde, erweiterte die Gemeinde Ranstadt ihre Erlaubnis dahingehend, dass sie dem CDU-Gemeindeverband nunmehr insgesamt 35 Orte für Wahlplakate zusprach.
Der CDU-Gemeindeverband wandte sich in einem Eilverfahren an das Verwaltungsgericht Gießen und begehrte die Möglichkeit, an insgesamt 75 Orten im Gemeindegebiet Wahlsichtwerbung durch Plakate betreiben zu dürfen. Außerdem wandte er sich gegen mehrere Beschränkungen, insbesondere hinsichtlich der Anbringungsart ausschließlich in Form von Plakatständern sowie wegen der möglichen Anbringungsorte.
Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen schloss sich dieser Argumentation des Antragstellers weitestgehend an. Aufgrund der Bedeutung von Wahlen und von Parteien für einen demokratischen Staat bestehe bei Wahlplakaten – anders als sonst – regelmäßig ein Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis. Diese Erlaubnis könne beschränkt werden. Es sei dabei jedoch notwendig, dass Werbung in einem Umfang erfolgen könne, der für die Darstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist.
Die Begrenzung auf zuletzt 35 Standorte zum Aufstellen von Wahlplakaten schränke den Anspruch des CDU-Gemeindeverbandes hierbei unangemessen ein. Das Verwaltungsgericht Gießen sieht es innerhalb der Wahlkampfphase als angemessen an, jeder kandidierenden politischen Partei einen Aufstellort für Wahlsichtwerbung je 100 Einwohner zu ermöglichen. Darüber hinaus sei aber auch die Bedeutung der Partei zu berücksichtigen. Außerdem werde Wahlwerbung aktuell aufgrund der Pandemielage bereits enorm eingeschränkt. Gerade der Plakatwerbung komme daher im Rahmen der Kommunalwahl eine herausgehobene Stellung zu.
Das Verwaltungsgericht hält auch die von der Gemeinde verfügten Auflagen teilweise für rechtswidrig. Soweit die Gemeinde Beschädigungen an Straßenlaternen oder Bäumen befürchte, sei dies lediglich eine abstrakte Möglichkeit, die von der Gemeinde nicht weiter konkretisiert worden sei. Vielmehr handele es sich bei der von dem Antragsteller beabsichtigten Befestigung von Hohlkammerplakaten mit Kabelbindern an Laternen und Bäumen um eine allgemein übliche Befestigungsart. Sollten hierbei tatsächlich Schäden entstehen, könne die Gemeinde Schadensersatzansprüche geltend machen. Soweit die Werbeanlagensatzung der Gemeinde andere Regelungen treffe, sei dort sogar explizit vorgesehen, dass eine Ausnahme im Falle von Wahlwerbung gewährt werde.
Die Entscheidung (Beschluss vom 25.02.2021, Az.: 4 L 575/21.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.