Nr. 04/2024
Der 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat heute Mittag entschieden, dass die Äußerung der Parole „From the river to the sea“ während der für heute Abend geplanten Versammlung „From the river to the sea – Palestine will be free! Für ein freies Palästina für ALLE Menschen!“ in Frankfurt am Main nicht untersagt werden darf.
Mit Verfügung vom 18. März 2024 hatte die Stadt Frankfurt am Main dem Antragsteller und zugleich Anmelder der genannten Versammlung verschiedene Beschränkungen für die zwischen 20:30 und 21:30 Uhr an der Frankfurter Hauptwache geplante Kundgebung auferlegt. Unter anderem wurde die Aussage „From the river to the sea“ sowohl in mündlicher als auch in schriftlicher Form in jeglicher Sprache untersagt. Dem gegen diese Beschränkung gerichteten Eilantrag des Antragstellers gab das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 21. März 2024 statt (5 L 940/24.F; vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main Nr. 04/2024).
Der 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main nunmehr im Ergebnis bestätigt und die Beschwerde der Stadt Frankfurt am Main zurückgewiesen.
Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Verfügung der Stadt Frankfurt am Main hinsichtlich der streitgegenständlichen Auflage als offensichtlich rechtswidrig erweise. Der Senat sehe eine Strafbarkeit der Parole „From the river to the sea“ bei der in einem Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung als äußert zweifelhaft an. Bei der strafrechtlichen Einordnung dieser Parole sei zwar zu berücksichtigen, dass damit der Wunsch nach einem freien Palästina vom (Jordan)Fluss bis zum Mittelmeer – einschließlich des Gebiets Israels in seinen heutigen Grenzen – ausgedrückt werde. Die Parole sage aber nichts darüber aus, wie dieses – politisch hoch umstrittene – Ziel erreicht werden solle. Grundsätzlich seien politisch verschiedene Mittel und Wege denkbar, dieses abstrakte Ziel zu erreichen, beispielsweise durch völkerrechtliche Verträge, eine Zwei-Staaten-Lösung, einen einheitlichen Staat mit gleichen Bürgerrechten für Israelis und Palästinenser oder aber mittels des bewaffneten Kampfes. Ob die aufgezeigten alternativen Wege politisch realistisch seien, sei dabei unerheblich. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Verwendung des Slogans durch den Antragsteller zwingend als Aufruf zu Gewalt und Terror gegen Israel zu verstehen sei, habe die Stadt Frankfurt am Main nicht vorgetragen und seien für das Gericht auch nicht ersichtlich. Eine Strafbarkeit der Äußerung folge bei einer summarischen Prüfung weder aus dem Strafgesetzbuch noch aus dem Vereinsgesetz. Das Vereinsverbot des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat gegen die Vereinigung HAMAS umfasse nach Auffassung des Senats allein die Verwendung der Parole im Kontext mit der verbotenen Vereinigung. Ein vollständiges präventives Verbot der Äußerung der Parole rechtfertige das Vereinsverbot jedenfalls nicht. Unabhängig davon falle aber auch eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der hier betroffenen Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu Gunsten des Antragstellers aus.
Der Beschluss ist im verwaltungsgerichtlichen Instanzenzug nicht anfechtbar.
Aktenzeichen: 8 B 560/24