Nr. 28/2021
Der 3. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat mit zwei soeben verkündeten Urteilen entschieden, dass der Bebauungsplan der Nr. 134 „Wohngebiet Vorderheide II“ der Stadt Hofheim am Taunus unwirksam ist.
Die Stadt will mit ihrem Bebauungsplan die Grundlage für ein reines Wohngebiet in Stadtrandlage mit bis zu 220 Wohneinheiten schaffen. Hauptsächlich sollen hier Einfamilienhäuser auf großzügig geschnittenen Grundstücken entstehen. Hierfür soll ein rund 11 ha großer hochwertiger Naturraum unter anderem mit extensiv genutzten Streuobstwiesen weichen, der Lebensraum für etliche Vogelarten, Fledermäuse und weitere Tierarten bietet.
Gegen den von der Stadtverordnetenversammlung am 16. Dezember 2015 endgültig beschlossenen Bebauungsplan hatten sich sowohl der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Landesverband Hessen e.V. aus verschiedenen natur- und artenschutzrechtlichen Gründen (Verfahren mit dem Aktenzeichen 3 C 1465/16.N) als auch private Miteigentümer von im Plangebiet gelegenen oder hierzu benachbarten Wohngrundstücken unter anderem wegen des zu erwartenden Verkehrsaufkommens (Verfahren mit dem Aktenzeichen 3 C 2327/16.N) mit entsprechenden Anträgen auf gerichtliche Normenkontrolle gewandt.
Der Senat hat diesen Anträgen stattgegeben und dies vor allem damit begründet, dass das geplante Wohngebiet in einem Bereich liege, der vom Land Hessen im Rahmen von Natura 2000 als Vogelschutzgebiet zugunsten der besonders geschützten Zugvogelart Gartenrotschwanz hätte gemeldet werden müssen (sogenanntes „faktisches Vogelschutzgebiet“). Auch fehle eine hinreichende Sicherung der von der Planung für häufigere Vogelarten vorgesehenen Ausweichhabitate.
Schließlich genügten die von der Stadt zugunsten mehrerer betroffener Tierarten vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen nicht den gesetzlichen Anforderungen. Sie reichten nicht aus, um die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Zugriffsverbote insbesondere bezüglich des Gartenrotschwanzes und der Zwergfledermaus zu verhindern. Diese Defizite könnten auch nicht über eine naturschutzrechtliche Ausnahmelage überwunden werden. Die hierfür erforderlichen zwingenden öffentlichen Interessen lägen unter anderem deshalb nicht vor, weil der Bebauungsplan die regionalplanerischen Wohndichtevorgaben für Bauprojekte in städtischen Gebieten deutlich unterschreite und damit den gebotenen sparsamen Umgang mit Grund und Boden vermissen lasse. Hieran könne auch der von der Stadt in diesem Zusammenhang ins Feld geführte hohe Wohnbedarf im Ballungsraum Rhein/Main nichts ändern.
Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Stadt die Möglichkeit der Beschwerde, über die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu entscheiden hätte.
Aktenzeichen: 3 C 1465/16.N und 3 C 2327/16.N